In der Wissenschaft sprechen wir oft über das „What?“, gesellschaftlich relevant ist aber vor allem das „So what?“ – Preisgeldträgerin Clarissa Elisabeth Hohenwalde im Interview

Wie kam es dazu, dass du bei I’m a Scientist mitgemacht hast? Hattest du schon vorher Erfahrungen mit Wissenschaftskommunikation? Und war es dein erster Kontakt in diesem Rahmen mit der Zielgruppe Schüler*innen?

Während meines Masters habe ich mich intensiv mit Wissenschaftskommunikation beschäftigt und folge auch heute noch auf Instagram einigen tollen Accounts. Eines Abends wurde mir beim Scrollen I’m a Scientist vorgeschlagen. Ich war sofort von dem Konzept begeistert und habe mich gefreut, dieses Projekt als KI-Wissenschaftlerin unterstützen zu können!
Schüler*innen sind als kommende Generation eine besonders spannende Zielgruppe für die Wissenschaftskommunikation. Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz betreffen ihr Leben besonders. Deshalb finde ich es wichtig, mit Kindern und Jugendlichen in den Austausch zu gehen und zu hören, welche Fragen, Ängste und Hoffnungen sie haben. Nur so kann ich das auch in meine Arbeit als Wissenschaftlerin einbeziehen.

Mit welchen Erwartungen bist du in die Themenrunde KI kreativ“ hineingegangen?

Ich war neugierig und gespannt auf die Fragen der Schüler*innen! In meiner Doktorarbeit untersuche ich unter anderem, wie in den Medien über KI berichtet wird. Deshalb war ich besonders interessiert daran, ob sich die Perspektiven der Schüler*innenvon denen der Erwachsenen unterscheiden.
Es hat mich überrascht, wie differenziert wir über die Chancen und Risiken von KI diskutiert haben. Es ging nicht nur darum, welche Rolle KI im Alltag und in der Gesellschaft spielen könnte, sondern auch um ethische, juristische und soziale Aspekte: Sollte KI medizinische Entscheidungen treffen? Wie passen KI und geistiges Eigentum zusammen? Welche Auswirkungen hat KI auf die Arbeitswelt?

Was nimmst du von dieser Erfahrung für dich und vielleicht auch für deine Forschung mit?

Es war beeindruckend zu sehen, wie interessiert die Schüler*innen waren und wie wichtig ihnen das Thema KI ist. Gleichzeitig gab es auch die Frage, warum in der Schule und im Alltag kaum mit Kindern und Jugendlichen über KI gesprochen wird. Hier sehe ich eine große Lücke, sowohl in den Lehrplänen als auch in der sogenannten externen Wissenschaftskommunikation.
Als Wissenschaftlerin mache ich mir Gedanken darüber, wie wir junge Menschen frühzeitig in solche Diskussionen einbinden können. Ich habe bereits erste Ideen und werde versuchen, in den nächsten Monaten intensiver daran zu arbeiten.

Mit dem Preisgeld von 500 Euro möchtest du den Berliner Verein kein Abseits! e.V. unterstützen, kannst du uns in ein paar Sätzen erklären, was dieser Verein macht und warum du ihn unterstützen möchtest?

Der Berliner Verein „kein Abseits! e.V.“ setzt sich für Bildungsgerechtigkeit ein. Dieses Thema liegt mir sehr am Herzen, denn noch immer haben in Deutschland der familiäre und finanzielle Hintergrund einen großen Einfluss darauf, ob man später forschen kann oder nicht.
Als Studentin habe ich mich bei „kein Abseits! e.V.“ ein Jahr lang als ehrenamtliche Mentorin eines geflüchteten Mädchens engagiert. Sie war sehr an Naturwissenschaften und Technik interessiert. Wir haben daher beispielsweise ein Knochenlabor an der Universitätsklinik besucht, gemeinsam in einem Science Center experimentiert und eine eigene Website entwickelt.
Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass jeder unabhängig von seinen finanziellen Mitteln die Chance bekommt, mit Wissenschaft in Berührung zu kommen. Ich weiß, dass ich durch eine Zusammenarbeit mit „kein Abseits! e.V.“ das Preisgeld gut einsetzen kann, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu fördern.

Was würdest du anderen Forschenden raten, die überlegen, auch an I’m a Scientist teilzunehmen? 

Traut euch!
In der Wissenschaft sprechen wir oft über das „What?“ – also Fakten und Zahlen. Gesellschaftlich relevant ist aber vor allem das „So what?“ – also die Frage, was wir mit unserem Wissen tun können, um unsere Welt ein bisschen besser zu machen.
Bei Projekten wie I’m a Scientist bekommt man die Gelegenheit, genau darüber nachzudenken und mit jungen Menschen zu diskutieren. Es ist eine wertvolle Erfahrung, die  nicht nur neue Perspektiven eröffnet, sondern auch hilft, die Relevanz der eigenen Arbeit zu reflektieren.

Gab es eine Frage in den Chats, die dich noch länger beschäftigt oder beeindruckt hat? Und wenn ja, wieso?

Ja, mehrere!
Zunächst haben mich die Fragen der Schüler*innen dazu gebracht, mehr darüber zu reflektieren, was meine eigene Motivation zu forschen ist und wie mein Bildungsweg mich geprägt hat.
Besonders beeindruckt haben mich die ethischen Fragen, die aufkamen. Zum Beispiel, wann man an bestimmten Technologien forschen sollte und wann die Risiken für die Gesellschaft zu hoch sind. Solche Diskussionen stellen sicher, dass wir nicht nur nach technologischem Fortschritt streben, sondern diesen auch verantwortungsvoll und zum Wohle aller einsetzen.

Clarissa Hohenwalde ist Doktorandin am Department für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Sie forscht zu den Möglichkeiten, die durch den Einsatz von ChatGPT im Wissenschaftsjournalismus entstehen sowie zu den Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Gesellschaft.
Weiterhin ist sie als Geschäftsführerin eines Berliner Unternehmens im Telekommunikationssektor tätig.

Posted on Juli 4, 2024 by modleya in Neuigkeiten. Markiert , , , , . Kommentare deaktiviert für In der Wissenschaft sprechen wir oft über das „What?“, gesellschaftlich relevant ist aber vor allem das „So what?“ – Preisgeldträgerin Clarissa Elisabeth Hohenwalde im Interview