„Ich finde die Idee, sich direkt und unverfälscht mit Schüler*innen über wissenschaftliche Themen auszutauschen, großartig. Das ist sowohl für Wissenschaftler*innen als auch für Schüler*innen eine seltene und wertvolle Gelegenheit der Begegnung.” – Sercan Sever, Gewinner der Themenrunde KI und Bildung im Interview

Wie kam es dazu, dass du bei I’m a Scientist mitgemacht hast?

Ich fand und finde die Idee, sich direkt und unverfälscht mit Schüler*innen über wissenschaftliche Themen auszutauschen, großartig. Das ist sowohl für Wissenschaftler*innen als auch für Schüler*innen eine seltene und wertvolle Gelegenheit der Begegnung. Deshalb war für mich sofort klar, dass ich dabei sein möchte.

Hast du schon vorher Erfahrungen in der Wissenschaftskommunikation mit der Zielgruppe Schüler*innen gesammelt?

Das zählt vielleicht nicht so ganz, aber ich habe bereits als Lehrer an einer Schule gearbeitet und kenne den Austausch mit Schüler*innen gut – wenn auch bisher eher im unterrichtlichen Kontext. In der Rolle als Forscher im Rahmen der Wissenschaftskommunikation habe ich hingegen noch wenig Erfahrungen gesammelt. Es ist tatsächlich etwas ganz anderes, mit Schulklassen in Kontakt zu kommen, wenn es nicht direkt um Unterricht geht, man nicht als Lehrkraft auftritt und Schüler*innen relativ uneingeschränkt die sie interessierenden Fragen stellen dürfen.

Wie war der Austausch mit den Schüler*innen? 

Ich würde sagen: typisch überraschend. Die Schüler*innen bringen großes Interesse mit, das sich nicht auf die eigene Forschung beschränkt. Außerdem hat man vorab kaum Einfluss auf ihre Erwartungen und ihr Frageverhalten. Wie viel inhaltliche und organisatorische Vorbereitung gab es? Moderiert die Lehrkraft im Klassenzimmer? Beteiligt sich die Lehrkraft am Chat? Je nach Konstellation ergeben sich ganz unterschiedliche und oft überraschende Momente, auf die man flexibel reagieren sollte.

Was nimmst du von dieser Erfahrung für dich und deine Forschung mit?

Die Kenntnisse und Erfahrungen mit KI sind sehr unterschiedlich. Das liegt allerdings nicht nur an den eigenen Entscheidungen und Interessen der Schüler*innen. In den Chats konnte ich erfahren, dass es stark davon abhängt, ob im Unterricht bereits mit KI gearbeitet bzw. darüber gesprochen wurde. Das regt mich an, darüber nachzudenken, von welchen Bedingungen die KI-Nutzung im Unterricht abhängt und wie sie gelingen kann.

Gab es eine Frage in den Chats, die dich noch länger beschäftigt oder beeindruckt hat? Und wenn ja, wieso?

Zwei Aspekte haben mich beeindruckt: Viele Schüler*innen wissen, dass KI ihnen nur auf den ersten Blick in gewisser Weise Arbeit abnehmen kann. Sie wissen, dass die Qualität der KI-Antworten stark vom konkreten Umgang mit ihr abhängt, dass die KI-Ergebnisse aufgrund der Quellenlage nicht immer zuverlässig sind und – das war besonders überraschend – sie sehen auch die Gefahr, dass sich bei routinierter Nutzung mittelfristig ein „Deskilling“ einstellen könnte. Darüber hinaus haben mich die Fragen beeindruckt, die sich auf den Zusammenhang zwischen KI und Nachhaltigkeit bezogen. Als ich vor etwa zwei Jahren schon einmal bei I‘m a Scientist mitgemacht habe, war dieses Thema noch überhaupt nicht präsent.

Am meisten hat mich übrigens eine Einladung ins Sauerland von einer Lerngruppe gefreut! 

Weißt du schon, was du mit deinem Preisgeld machen möchtest?

Ich hatte zunächst eine Idee, die sich an Lehrer*innen und Schüler*innen richten sollte. Durch das Projekt ist mir jedoch noch etwas anderes aufgefallen: Vielleicht braucht es auch ein Unterstützungsangebot speziell für Wissenschaftler*innen, die mit Schüler*innen über KI-Themen ins Gespräch kommen, damit der Austausch insgesamt ergiebiger werden kann. Ich bleibe an beiden Ideen dran und gebe Bescheid, wenn ich mich entschieden habe.

Was würdest du anderen Forschenden raten, die überlegen, auch an I’m a Scientist teilzunehmen?

Auf jeden Fall mitmachen, wenn es zeitlich machbar ist – das bereichert alle, die daran teilnehmen. Ich hätte drei Tipps, die mir persönlich geholfen haben:

  • Am Anfang des Chats bewusst machen, wie alt die Schüler*innen sind: Eine 6. Klasse im Sachunterricht spricht, fragt und lernt anders als ein Informatikkurs im 11. Jahrgang.
  • Nahbar und offen bleiben: Es kommen Fragen zum Thema, klar, aber auch solche, die den Schüler*innen spontan einfallen – zum Beispiel: „Was ist deine Lieblingsmannschaft?“ Auch auf solche Fragen sollte man freundlich, humorvoll und souverän eingehen.
  • Vorab verständliche Beispiele überlegen: Gerade, wenn man die eigenen (abstrakten) Erklärungen untermauern möchte, helfen anschauliche Beispiele sehr gut. Zum Beispiel habe ich häufig die vielen unterschiedlichen Tätigkeiten des Lehrer*innen-Berufs aufgeführt – neben dem Unterrichten etwa das Eingreifen bei Störungen, das Führen persönlicher Gespräche bei Problemen, das Telefonieren mit Eltern oder das Einbringen von Ideen in Fachkonferenzen usw. –, um zu zeigen, dass man nicht einfach davon sprechen kann, dass KI ganze Berufe ersetzen kann.

Dr. Sercan Sever hat Deutsche Philologie und Politikwissenschaft auf Lehramt, Deutsch als Fremd- und Fachsprache und China Studies studiert und in einem interdisziplinären Promotionskolleg promoviert. Demnächst arbeitet er als Postdoc im TEIFUN-Kolleg, das „Bildung und KI im 21. Jahrhundert“ aus fachspezifischen Perspektiven untersucht. Ihn interessieren Forschungsfelder an der Schnittstelle von Sprache und Technikentwicklung sowie gesellschaftliche Folgen technologischer Innovationen, aktuell der Umgang mit KI im Deutschunterricht.

Posted on Juni 4, 2025 by modleya in Neuigkeiten. Markiert , , , . Kommentare deaktiviert für „Ich finde die Idee, sich direkt und unverfälscht mit Schüler*innen über wissenschaftliche Themen auszutauschen, großartig. Das ist sowohl für Wissenschaftler*innen als auch für Schüler*innen eine seltene und wertvolle Gelegenheit der Begegnung.” – Sercan Sever, Gewinner der Themenrunde KI und Bildung im Interview