Sanne Grabisch berichtet über den Einsatz des Preisgelds der Themenrunde „Digitalisierung“ (2022): FELI hat neue Experimentierkisten Elementarinformatik!

Wir, FELI, die Forschungsgruppe Elementarinformatik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, hatten das große Glück, vom Informatiker Dr. Klaus Stein für die Verwendung seines Preisgeldes ausgewählt zu werden! Klaus Stein hat 2022 die Themenrunde Digitalisierung von I’m a Scientist gewonnen und dafür das Preisgeld erhalten. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kognitive Systeme von Prof. Dr. Ute Schmid, die FELI 2015 als interdisziplinären Verbund gründete. Ziel von FELI ist es, Projekte zur Vermittlung von elementaren Informatikkompetenzen unter einem gemeinsamen, interdisziplinären Dach zu bündeln. Diese Projekte sollen Kinder dabei unterstützen, die digitale Welt zu begreifen und kreativ und souverän mit digitalen Angeboten umzugehen. Beteiligt sind Informatik, Elementarpädagogik, Grundschuldidaktik, Psychologie, Medienpädagogik und empirische Bildungsforschung. In interdisziplinären Projekten werden kindgerechte didaktische Konzepte und Materialien zur anschaulichen Vermittlung von Informatikkompetenzen entwickelt und empirisch evaluiert. Wir bieten außerschulische Workshops für Kinder sowie Fortbildungen für Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal an.

Wir haben das Preisgeld genutzt, um unsere ganz schön in die Jahre gekommene Experimentierkiste „Elementarinformatik“ komplett zu überarbeiten und zu erweitern. Die Experimentierkiste ist eigentlich eine ganze Reihe von Kisten, eingeteilt in die drei Module „binäre Repräsentation“, „analog und digital“ und „vom Algorithmus zum Programmieren“ mit vielen praktischen Materialien von Bauklötzen und Klemmbausteinen über Bastelmaterial, Balkenwaage, Computerbauteile, analogen Programmierbausteinen und jeder Menge Aufgabenblättern bestückt. Wir benutzen diese Kisten, um vor allem Grundschulkindern zielgruppenorientiert informatische Konzepte nahezubringen, informatisches Denken zu fördern und einen entdeckenden Umgang mit digitalen Medien zu fördern. Die Kisten können außerdem von oberfränkischen Schulen ausgeliehen werden. Ein Online-Selbstlernkurs vermittelt das hierfür notwendige Grundwissen, und wir schulen regelmäßig Multiplikator*innen. 

Analog-Workshop „Vom Algorithmus zum Programmieren“

©Foto: Uni Bamberg

Mit dem neu entwickelten Material aus dem Modul „vom Algorithmus zum Programmieren“ haben wir im Frühjahr 2023 mit zwei vierten Klassen im Rahmen von Projekttagen erstmals analog programmiert. Für die Kinder bedeutete dies viel Spaß und Abwechslung vom normalen Schulalltag, mit dem ein oder anderen Aha-Moment, für uns als Uni gibt es noch den „Forschungsaspekt“ herauszufinden, ob die Experimentierkiste dazu beiträgt, Kindern das informatische Verständnis zu erleichtern.

Die zentralen Fragen, mit denen wir uns dabei beschäftigen, lauten: Was bedeutet Algorithmus?
Wie verarbeitet der Computer Informationen? Was passiert in einem Computer, wenn er ein Programm ausführt?

Algorithmen gibt es nicht nur in Computerprogrammen, sondern auch im Alltag. Viel Spaß machte die Erstellung des „Iss-eine-Banane-Algorithmus“, bei dem die Kinder eine Abfolge von Handlungsanweisungen wie z. B. „beiße ab“ und „schäle die Banane“ festlegten. Bei der praktischen Anwendung des Algorithmus wurde schnell klar: Mit nur einmal Abbeißen ist es nicht getan, wir brauchen eine „Wiederhole-solange-bis“-Schleife. Denn während ein Mensch von alleine weiß, wann er mit dem Essen aufhören kann, braucht ein Computer-Algorithmus eine Abbruchbedingung (in unserem Fall: „bis die Banane weg ist“)

Diese informatische Konzepte wie Schleifen und bedingte Anweisungen („wenn …, dann …, sonst …“) haben wir mit den Kindern vertiefend behandelt: Die Klasse gab einem „Roboter“-Kind Anweisungen, wie es sich auf einem auf den Boden geklebten Raster bewegen sollte, um ein Ziel zu erreichen – zum Beispiel „gehe das größte Quadrat“. Dabei mussten die Kinder tatsächlich „wie ein Computer denken“. In Kleingruppen wurde dieses Prinzip dann mit kleinen Figuren als Robotern auf Papier ausprobiert und die Überprüfung, ob der Algorithmus wirklich das tut, was die Kinder dachten, dass er tun würde, führte sowohl zu „Hähs?“ wie „Ahas!“.

Mit den in der Projektwoche gesammelten Erfahrungen lernten wir, wie wir mit Kiste, Schachteln, Mappen, laminierten Ausdrucken etc. das Material aller Module möglichst selbsterklärend aufbauen und präsentieren konnten, was sich bei unseren eigenen Einsätzen wie in der Ausleihe bewähren würde:

©Foto: Uni Bamberg

Ein Jahr später haben wir mit den neuen Materialien erneut analog programmiert, dieses Mal im Rahmen der Nachmittagsbetreuung einer Förderschule. Für die Gruppe aus der 5. Klasse war es eine komplett neue Erfahrung, den Computer, den sie eher als Spielzeug und Schreibmaschine kannten, auf einer abstrakteren Ebene – was passiert bei einem Computerprogramm? – kennenzulernen. Das Verarbeiten und Erinnern konzeptioneller Zusammenhänge und Abstrahieren anhand erkannten Muster fiel den jungen Menschen schwer – um so wichtiger war das konkrete Ausprobieren der Bewegungsalgorithmen auf dem aufgeklebten Bodenraster und mit dem eigenen Körper.

Auch für mich war es eine neue Erfahrung, einen Zugang zur Zielgruppe zu finden. Vieles, was ich in anderen Klassen voraussetze, war hier nicht gegeben, sodass der Workshop weit langsamer voranschritt, als ich es gewohnt war. Ein Problem war das nicht: Es geht ja nicht darum, dass ich alles behandele, was ich im Petto habe, sondern darum, dass die Schüler*innen etwas mitnehmen und eine positive Erfahrung machen. Die Lehrerin der Klasse zeigte sich so auch sehr begeistert, dass wir unsere „I’m a Scientist“-Veranstaltung an ihrer Schule umsetzten, denn: „Wie sollen Kinder und Jugendliche an Förderschulen ihren Horizont erweitern, wenn sie von Vornherein von herausfordernden Erfahrungen ausgeschlossen werden?“

Sanne Grabisch

Auf der Website des FELI findet ihr noch mehr Berichte, Fotos und Infos zur „Experimentierkisten Elementarinformatik”!

Posted on August 21, 2024 by modleya in Neuigkeiten. Markiert , , , , . Kommentare deaktiviert für Sanne Grabisch berichtet über den Einsatz des Preisgelds der Themenrunde „Digitalisierung“ (2022): FELI hat neue Experimentierkisten Elementarinformatik!